Probleme von Älteren bei der Stellensuche

Im Hinblick auf die AHV-Revision fordert die Wirtschaft, das Rentenalter anzuheben. Und wird nicht müde, den Fachkräftemangel zu beklagen.
Glückspilz: Er hat auch als 50plus eine Arbeit gefunden.
Glückspilz: Er hat auch als 50plus eine Arbeit gefunden.

Gleichzeitig wird es für ältere Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen immer schwieriger, eine Stelle zu finden oder den Arbeitsplatz behalten zu können, schreibt "Zentral+". 2012 betrafen laut Informationen des Schweizer Ablegers der Outplacement-Firma Lee Hecht Harrisson 41 Prozent aller Kündigungen in der Schweiz Arbeitnehmer über 50 Jahre. Dies schlägt sich auch in der Arbeitslosenstatistik des Kantons Luzern nieder.

Betrug der Anteil der Generation 50 plus im Jahr 2003 noch 16 Prozent, stieg er seither kontinuierlich an. Laut Statistik Luzern Lustat liegt er dieses Jahr bereits bei 25 Prozent. Oder anders gesagt: Jeder vierte Luzerner Arbeitslose ist 50-jährig oder älter.

Die Gründe für die Zunahme sind vielfältig. "Das hat mit den Strukturen der Wirtschaft zu tun", sagt Hans Hofstetter, Leiter des Amtes für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Luzern. Umstrukturierungen, Umbauten und Abbauten seien häufiger geworden. Damit einher gehe ein gestiegener Kostendruck. "Ältere Arbeitnehmer verdienten in der Vergangenheit tendenziell mit zunehmender Erwerbsdauer mehr, ohne dass die Anforderungen der Arbeit gleichermassen mit stiegen."

Wenn die Arbeitgeber dann plötzlich mehr Leistung verlangen, hat mancher Mühe. Ausserdem steigen mit zunehmendem Alter auch die Beiträge an die berufliche Vorsorge (zweite Säule), was Hofstetter als "widersinnig" bezeichnet. "Es ist nicht logisch, dass man die Arbeit unnötig verteuert." Was das bedeuten kann, illustriert Hans Hofstetter mit einem Beispiel.

"Wenn sich zwei Stellenbewerber mit den gleichen beruflichen Qualifikationen um eine Buchhalterstelle bewerben, der eine ist 35 Jahre, der andere 55 Jahre alt, wird die Wahl wohl aus Kostengründen auf den Jüngeren fallen." Das Argument der längeren Erfahrung sei da nicht entscheidend.

Firmen, welche einen älteren Mitarbeiter anstellen wollten, könne man Einarbeitungszuschüsse (EAZ) anbieten. 2012 konnten laut Hofstetter im Kanton Luzern 40 Stellensuchende von Einarbeitungszuschüssen profitieren. "Was wir nicht tolerieren, ist der Missbrauch dieses Instruments, um Kosten zu sparen. Wir wollen zuerst einen Arbeitsvertrag sehen", erklärt der Dienststellenleiter gegenüber zentral+.

Bei schwieriger zu vermittelnden Personen biete man intensive Betreuung an, die individuell auf den Fall abgestimmt werden müsse. Also beispielsweise ein Einzelcoaching. Personen, die zum Beispiel 20 Jahre in einer Fabrik die gleiche Tätigkeit ausgeübt hätten, bräuchten mehr Betreuung, sagt Hans Hofstetter.

Was meint Adecco als grösser Jobvermittler des Landes zum Thema der Generation 50 plus? José M. San José, Mediensprecher Adecco Switzerland, hat für zentral+ bei Klienten und Filialen eine Umfrage zur Akzeptanz durchgeführt. Ältere Mitarbeitende mit spezialisierten Qualifikationen seien beispielsweise in den Bereichen Office und Administration durchaus gefragt.

"Hier werden gerne Personen eingestellt, welche dank ihrer Erfahrung über die nötige Flexibilität und Ruhe verfügen. Auch im Beziehungsgeschäft - Privatkundenberater in der Bank, Anwälte, Ärzte - sind ältere Arbeitnehmer aufgrund ihres Netzwerks durchaus gefragt", erklärt José M. San José.

Generell lasse sich ein möglicher Trend feststellen, indem man versucht, das Profil der Angestellten auf diejenigen der Kunden anzupassen: Ältere Kunden sollten idealerweise auch von älteren Mitarbeitenden betreut werden. Der Adecco-Sprecher: "Auch im Gesundheitsbereich sind Arbeitnehmer, welche die nötige körperliche Fitness sowie entsprechendes fachliches Know-how mitbringen, sehr gesucht."

Doch es gibt auch eine andere Seite: "Als Personaldienstleister sehen wir gleichwohl eine Tendenz, dass bei der Einstellung von älteren Mitarbeitenden der Sinneswandel weiterhin noch auf sich warten lässt. Immer noch haften älteren Arbeitnehmenden weit verbreitete Klischees an, wie nicht genügend flexibel oder weniger leistungsfähig", sagt der Adecco-Sprecher.

Dennoch dürfte den Arbeitgebern aufgrund des demographischen Wandels und des nach wie vor anhaltenden Fachkräftemangels längerfristig betrachtet nichts anderes übrig bleiben, als sich anzupassen. "Dies kann jedoch durchaus noch eine halbe Generation andauern. Neben der demographischen Sicht spricht gerade auch aus sozial nachhaltiger Perspektive vieles für gemischte Teams bezüglich des Alters."

Der Kanton unterstützte auch das 2011 lancierte Politprojekt "Speranza 50+" der vom verstorbenen Otto Ineichen gegründeten Stiftung Speranza. Ziel war eine Unterstützung der Weiterbildung von älteren Arbeitnehmern. Nach zwei Jahren hat die Stiftung im Sommer beschlossen, sich wieder auf jüngere Arbeitslose zu konzentrieren.

Die auf die Vermittlung älterer Personen spezialisierte Firma MC-T aus Windisch hat das Projekt übernommen. Sie gleicht mit einer speziellen Software täglich die Profile von Stellensuchenden mit offenen Stellen ab. Thema auf politischer Ebene In Luzern wird die schwierige Arbeitssituation der über 50-Jährigen auch auf der politischen Ebene derzeit breit diskutiert - und rückt so vermehrt ins Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit.

"Im Gegensatz zur Jugendarbeitslosigkeit ist die Problematik gar nicht oder wenig bekannt", sagt Romy Odoni (FDP), Präsidentin der kantonsrätlichen Kommission Gesundheit, Arbeit und Soziale Sicherheit. Auf kantonaler und kommunaler Ebene sind mehrere Vorstösse eingereicht worden. Zwei stammen vom Verein "50plus outIn work", dessen Präsident Herbert Nell und der Geschäftsführerin Heidi Joos sich stark für das Thema engagieren, sowie einer von SP-Kantonsrat Giorgio Pardini.

In zwei kommunalen Volksmotionen verlangte Heidi Joos, dass die Stadt Luzern Sozialhilfebezügern die Zusatzversicherung der Krankenkasse bezahlt und der anrechenbare Mietzins von 850 Franken angehoben wird. Der Stadtrat Luzern lehnt beide Anliegen ab, doch noch muss die Vorlage in den Grossen Stadtrat.

Die Motion von Pardini, welche inhaltlich mit einer Petition des Vereins übereinstimmt, verlangt dagegen befristete staatliche Zuschüsse für die Pensionskassenbeiträge von älteren Arbeitslosen. Die Initianten begründen ihr Anliegen damit, dass Arbeitslose über 50 nicht nur wegen ihres Alters, sondern auch wegen höheren Pensionskassenbeiträgen diskriminiert würden.

"Da altersneutrale BVG-Beiträge auf Bundesebene politisch zurzeit nicht durchsetzbar sind, sind die Kantone gefragt", schreibt Pardini. Die Initianten beziehen sich auf Programme aus dem Kanton Neuenburg und der Stadt Freiburg, wo eben solche Vergünstigungen an die Pensionskasse bezahlt werden.

www.zentralplus.ch

 

 


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