Betreiben Sie den Herbstputz mit Mass

Im Herbst beginnen wir im Garten aufzuräumen. Für Pflanzen und Tiere ist es sinnvoll, Verblühtes stehen und Laub liegen zu lassen.
Fürs Chaos braucht es Gelassenheit.
Fürs Chaos braucht es Gelassenheit.

Dies schreibt schreibt Hanni Käch. Morgens und abends riecht jetzt die Luft eindeutig nach Herbst. Vielleicht ist dies der Grund, weshalb vielerorts hektische Betriebsamkeit ausbricht, die nur eines zum Ziel hat: aufräumen, bevor der Winter kommt. Laubrechen, Grabgabel und Gartenschere werden schon mal bereitgestellt und dann geht's zur Sache.

Es wird geschnitten, gehäckselt, gegraben und gerecht, bis die Kräfte schwinden und der Garten aussieht, als hätte es dort nie ein einziges grünes Blatt gegeben. Doch ist dieser Herbstputz wirklich nötig? Was, wenn man die verblühten Stauden einfach stehen lässt, nur den Rasen und die Wege vom Laub befreit und den Rest auf den Beeten verrotten lässt?

Könnte man die Natur nach ihrer Meinung fragen, würde sie es genauso machen. Denn unzählige Tiere sind froh, wenn sie in dürren Halmen, unter Asthaufen oder Laubhügeln ihr Winterquartier aufschlagen können. In hohlen Stängeln werden Insekteneier abgelegt und auch kleine Raupen verbringen dort die kalten Wochen.

Grössere Tiere wie Igel, Molche oder Kröten verkriechen sich gern unter einem dichten Laub- oder Schnittguthaufen und schätzen es, wenn man sie dort in Ruhe lässt. Regenwürmer und kleine, von blossem Auge nicht sichtbare Bodenlebewesen profitieren davon, wenn man das Laub auf den Gemüse- und Blumenbeeten verteilt.

Unter dieser wärmenden Decke bleiben sie noch lange munter und bereiten in aller Stille besten Humus für das kommende Gartenjahr zu. Als äusserst praktisch erweist es sich, verdorrte Blumen und Kräuter wie Dill, Tagetes, Borretsch und Ringelblumen nicht zu schneiden, denn damit erspart man sich das Aussäen im Frühling.

Ein Herbst ohne generalstabsmässiges Aufräumen setzt natürlich eine gewisse Gelassenheit voraus, und besonders ordnungsliebende Menschen müssen wohl hin und wieder ein Auge zudrücken. Im Gegenzug aber beschränkt sich der Herbstputz auf ein wohldosiertes Mass an nötigen Arbeiten, sodass Gelenke und Kräfte geschont werden und die letzten Gartentage des Jahres geruhsam angegangen werden können.

Wenn sich später die Überreste des Sommers mit Raureif oder Schnee bedecken, entstehen solch fantastische Skulpturen, dass auch die letzten Skeptiker fortan auf den Herbstputz verzichten wollen. Und das Beste kommt zum Schluss: Wenn man Anfang März wieder so richtig vom Gartenvirus befallen wird, gibt es nichts Schöneres, als die Lavendel- und Thymianhalme einzukürzen und dabei eine ordentliche Nase voll mediterraner Düfte einzuatmen.

Nach den langen Wintertagen wird dies zweifellos ein erster Höhepunkt im neuen Gartenjahr sein.


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